Naturspektakel mit Kurven und gutem Geschmack - Ein Mosel-Roadtrip

Das erste Mal seit einer sehr langen Zeit war ich im letzten Winter für einige Kilometer an der Mosel unterwegs gewesen. Auf dieser Tour entstand die Idee, dem Flussverlauf im Sommer noch einmal einen längeren Besuch abzustatten. Eine Landschaft, die schon bei grauem Dezemberwetter betörend schön ist, muss bei Sonnenschein einfach spektakulär sein!  Nun wurde aus dem Sommerprojekt ein Herbst-Roadtrip, woran die skeptischen Kommentare einiger Bekannte nicht ganz unschuldig waren. Die Mosel? An einem Sommer-Wochenende? Bloß nicht!

 

Mir wurde prophezeit in den Hochburgen des Moseltourimus wahlweise von Horden rüstiger Bustouristen oder von holländischen Wohnmobilen überrollt zu werden. Zu all diesen Hinweisen gesellten sich eine Vielzahl typischer Mosel-Klischees: liebliche Weinseligkeit, "Draußen-nur-Kännchen"-Cafés und altbackene deutsche Gemütlichkeit. Keines von diesen Klischees konnte mich von meinen Plan abbringen. Ich hatte  in der letzten Zeit einfach  zuviel Gutes über die Mosel gehört. In den Weinbergen zwischen Trier und Koblenz war einiges im Wandel dank junger Winzer und ambitionierter Küchenchefs.  Die Sache mit den vielen Wohnmobilen gab mir allerdings zu denken. Es ist weder ein Geheimnis noch ein Klischee, dass die Mosel ein Camper-Eldorado ist. Also  plante ich  den Mosel-Trip von Koblenz nach Trier für Mitte Oktober und wurde mit wenig Verkehr und einem atemberaubenden Indian Summer belohnt!

Nebelschwaden statt Burgromantik

Als ersten Stopp der Moseltour habe ich meine Lieblings-Burg auserkoren. Nein, ich spreche ausnahmsweise nicht von der Burg Eltz, sondern von der Burg Thurant, die über dem Ort Alken thront. Besonders anziehend an dieser Ritterburg ist ihr hoher Dolce-Vita-Faktor in Kombination mit einem wunderbar maroden Charme. Ein Teil der Doppelburg ist verfallen. Zwischen den Ruinen ranken Blumen  und wachsen Büsche.  Überall auf der Burg  laden versteckte Ecken und Nischen zum Weintrinken mit Fernsicht ein. Zwischendurch lässt sich es prima durch die weitläufige Anlage streifen. Da gibt es einen Turm zu besteigen, ein Jagdzimmer zu sehen und sich vor einem Folterkeller zu fürchten. 

 

Als ich in Koblenz ins Moseltal einbiege ahne ich bereits, dass mit fantastischen Fernblicken von der Burg Thurant heute morgen nichts werden wird. Hohe Nebelschwaden wabern durchs Moseltal. Sie haben einen Teil der hohen Autobahnbrücke bei Winnigen verschluckt. Es sieht gespenstig aus, wie die LKWs dort oben mitten aus dem weißen Nichts auf der Brücke auftauchen. 

Ein Teil der Winninger Brücke wurde vom Nebel verschluckt.
Ein Teil der Winninger Brücke wurde vom Nebel verschluckt.

In Alken angekommen, bestätigt sich meine Ahnung. Von der Burg Thurant ist von hier unten aus, nicht ein einzige Zinne zu sehen. Also geht es erst einmal weiter immer der Mosel entlang, vorbei an Hatzenport und Treiskarden. Mit jedem gefahrenen Kilometer lichtet sich der Nebel und gibt den Blick auf steile Weinhänge frei. Ich fahre übrigens gerade die Untermosel entlang. So wird der 100 km lange Flussabschnitt zwischen  Pünderich und meiner Heimatstadt Koblenz genannt. Ich habe schon unzählige Werbetafeln passiert, auf denen dieser Teil der Mosel das Attribut sonnig zugewiesen bekommt. Von Sonne fehlt gerade jede Spur. Was dem Reiz der Landschaft, die da am Autofenster an mir vorbeizieht, keinen Abbruch tut.  Ganz im Gegenteil!

 

In Klotten lege ich einen spontanen Stop ein. Ich muss Fotos machen. Von der glatten  Mosel und dem üppigen Grün, das sich im Fluss auf der anderen Uferseite spiegelt.  Über diesem Natur-Idyll wabern Nebelwolken und verleihen der Szenerie etwas Mystisches. Von links und rechts tauchen gleichzeitig und völlig geräuschlos zwei Flußkreuzfahrer auf. Sie gleiten majestätisch dahin und  aneinander vorbei - trotz der Enge. Am liebsten würde ich einfach hier bleiben, auf die nächsten Flußkreuzfahrer warten und der kleinen Fähre beim hin und her fahren zuschauen. Leider lässt mir mein Tagesprogramm keine Zeit für langfristige Entschleunigung.  Für mich geht es weiter ins knapp 4 km entfernte Cochem. 

Rot, gelb, grün - Indian Summer (noch ohne Sonne) in Flotten an der Mosel
Rot, gelb, grün - Indian Summer (noch ohne Sonne) in Flotten an der Mosel
Die Flußkreuzer gleiten auf der spiegelglatten Mosel dahin.
Die Flußkreuzer gleiten auf der spiegelglatten Mosel dahin.

Eine dominante Burg, reichlich Torte und noch mehr Gelato - Benvenuti a Cochem!

Wer glaubt Overtourism wäre ein Problem von Sightseeing-Metropolen wie Rom oder Venedig, der muss bei schönem Wetter in der Hochsaison ins kleine Cochem kommen. Dann haben diverse Flußkreuzfahrer angelegt und reichlich viele Reisebusse ihre Fracht ausgespuckt. Die trifft sich dann mit  Wochenendausflüglern, E-Bike-Radlern und Wohnmobil-Reisenden in den Gassen des Städtchens oder wahlweise auf einem der Mosel-Ausflugs-Schiffe. Hier nun zwei Zahlen, die belegen, dass ich gerade nicht übertreibe. Cochem hat 5.000 Einwohner und 1,5 Millionen Besucher im Jahr.  Kein Wunder also, dass Parkplätze hier in der Regel am Wochenende Mangelware sind. Heute ist allerdings Donnerstag und trotz Herbstferien noch nicht viel los. 

Die Reichsburg in Cochem macht dank exponierter Lage schon von Weitem auf sich aufmerksam.
Die Reichsburg in Cochem macht dank exponierter Lage schon von Weitem auf sich aufmerksam.

Schon bei der Einfahrt nach Cochem drängelt sich ein Gebäude sehr dominant in mein Sichtfeld. Unübersehbar breitet sich die Reichsburg (www.burg-cochem.de) mit all ihren verspielten Erkern, Türmchen und Zinnen auf einer Erhebung über der Stadt aus. Da oben möchte ich hin, aber zuerst steht ein  Bummel durch die Gassen der Altstadt an. Schon nach ein paar Meter stehen zwei Dinge fest: die Fassaden sind schmuck und verhungern muss hier niemand. Ein Café liegt neben der nächsten Konditorei, gefolgt von einigen Eisdielen, die rechts und links von Weinlokalen gesäumt werden. Mich beeindruckt nachhaltig die Auswahl an üppigen Torten und Kuchen in den Auslagen. Im Vergleich zu den handlich kleinen italienischen Dolci wirken diese Gebäckstücke hier sündhaft groß. Außerdem frage ich mich plötzlich ob hier tatsächlich immer noch der alte Café-Klassiker "Draußen nur Kännchen" gilt. Ich verschiebe die Klärung der Frage auf später und laufe über den pittoresken Marktplatz mit Fachwerkgiebelhäusern und opulenter Geranien-Fassade in Richtung Reichsburg. 

Auch ohne Bildbearbeitung sieht die Reichsburg in Cochem echt märchenhaft aus.
Auch ohne Bildbearbeitung sieht die Reichsburg in Cochem echt märchenhaft aus.
Blick von der Reichsburg auf die Mosel und Cochem
Blick von der Reichsburg auf die Mosel und Cochem

Der Aufstieg zur Burg  dauert keine 15 Minuten. Als Fußweg-Alternative steht der Reichsburg-Shuttle-Bus zur Verfügung. Wer Lust auf Rittergeschichten und eine lange Burggeschichte (mehr als 1000 Jahre!) hat, kann hier oben eine Führung mitmachen. Für alle anderen gibt es eine Burgschänke und Ausblicke auf die Mosel. Ich beschränke mich auf Letzteres und überlege beim Gucken, was ich in Cochem als nächstes unternehmen möchte. Die Recherchen zu meiner Mosel-Tour haben nicht unendlich viele doch einige Möglichkeiten des Zeitvertreibs zu Tage gebracht. Vielleicht eine Fahrt mit der Sesselbahn zum Pinnerkreuz (www.cochemer-sesselbahn.de) auf 255 Meter Höhe? Sicherlich wartet dort oben ein spektakulärer Ausblick, andererseits fahre ich in Koblenz ständig mit der Seilbahn! Dann ein Besuch des ehemaligen Bundesbank-Bunkers(www.bundesbank-bunker.de), der seit 2016 als Museum dient? Bestimmt ein interessantes Zeugnis der Zeitgeschichte, allerdings hat sich der Nebel verflüchtigt und  das Wetter viel zu schön, um die Zeit unter der Erde zu verbringen. Schlussendlich entscheide ich mich dafür, einen Blick in die Historische Senfmühle (www.senfmuehle.net) zu werfen. 

Beim Anblick der Historischen Senfmühle bin ich irgendwie enttäuscht. Ich weiß nicht was ich genau erwartet habe, aber kein modernes Parkhaus, in dessen Untergeschoss die Senfmühle integriert ist. Im Inneren werden meine Erwartungen wieder voll erfüllt.  Die Auswahl an Senfsorten und Senfmarmeladen klingt gut. Wen die Namen nicht überzeugen, darf probieren. Ich gebe mich jedoch nicht mit einem kleinen Löffelchen zufrieden, sondern bestelle gleich eine Bockwurst samt einer großen Portion des Senfs meiner Wahl, Senf mit Honig. Eine Wahl, die ich nicht bereue und nur empfehlen kann.

 

Anschließend drehe ich noch eine kleine Runde durch die Altstadt. Mittlerweile haben die Cafés und Lokale sich gefüllt. Überall wird in der warmen Oktobersonne Kuchen gegessen, Wein getrunken, Flammkuchen bestellt und große Eisbecher gelöffelt. Ich halte Ausschau nach Kännchen auf den Tischen, werde aber nicht fündig. Noch einmal zurück zu den Eisbechern.  In Cochem bekommt man Gelato von echten Meistergelatiere.  Zum Beweis hängen an der Außenwand der  Gelateria Fratelli Bortolot (www.bortolot.de einige Auszeichnungen und Zertifikate. Ich kämpfe eine Weile mit mir und der Idee einige Eis-Bällchen zu probieren. Am Ende gewinnt die Vernunft und die Bockwurst in meinem Magen über meine Gelato-Lust. Das Eis und die Klärung der "Draußen-nur-Kännchen"-Frage muss bis zum nächsten Ausflug nach Cochem warten. Jetzt geht es erst einmal weiter ins nahe Beilstein. 

Klein und großartig - Beilstein

Das Dörfchen Beilstein trägt den Beinamen Dornröschen der Mosel. Der Name passt! Märchenhaft schön sieht es hier zum Fuße der Burg Metternich ohne Zweifel aus , und wachgeküsst wird Dornröschen regelmäßig von zahlreichen Touristen, die den Ort besonders gerne am Wochenende fluten. 

Es ist offensichtlich, warum Beilstein solch ein Besuchermagnet ist. Romantische und windschiefe Fachwerkgiebelhäuser drängen sich auf engsten Raum aneinander. Kaskaden von roten Geranien hängen von Fenstern und Balkonen herab, Weinlaub wächst historische Gemäuer hinauf. Durch die  Gassen weht ein mittelalterlicher Flair. In jedem der Häuschen scheint ein Café oder Lokal eingezogen zu sein, deren Tische und Stühle auf dem Kopfsteinpflaster zu genussvollem Zeitverplempern einladen. Und über all dem thront die Ruine der Burg Metternich. Klingt fürchterlich kitschig, ist es aber zumindest für mich nicht. Beilstein ist für mich die Quintessenz des italienischen Dolce Vita, die Kunst aus Kleinigkeiten etwas Großartiges zu machen. Nur 140 Einwohner zählt Beilstein, das über die Jahrhunderte so klein und alt geblieben ist, weil seine Bauern schlicht und ergreifend zu arm gewesen waren, um es groß und neu zu gestalten. Gott sei Dank mag man im Nachhinein denken, denn mit dem Moseltourismus kam auch die große Stunde von Beilstein. Die historischen Gebäude wurden in Schuss gebracht und ziehen seitdem unermüdlich Besucher heran.

 

Unüberlesbar hat es mir  Beilstein angetan. Aus diesem Grund werde ich dem kleinen Ort  einen eigenen Blog-Artikel widmen. Bis der fertig ist, lege ich Euch einen Besuch der Burgruine Metternich (www.burg-metternich.de/burg) (5 Minuten Fußweg, tolle Ausblicke) und des Cafés Klapperburg (www.klapperburg.de)  (imposante Kuchen, herrlich kitschige Atmosphäre) ans Herz. 

Blick aus einem Fenster des Café Klapperburg auf die Mosel
Blick aus einem Fenster des Café Klapperburg auf die Mosel
In meinem nächsten Leben werde ich Geranien-Verkäuferin an der Mosel. Sogar auf der Burg Metternich kommt man nicht an diesen Blumen vorbei.
In meinem nächsten Leben werde ich Geranien-Verkäuferin an der Mosel. Sogar auf der Burg Metternich kommt man nicht an diesen Blumen vorbei.

Grüne Entschleunigung - Ein Halt in Mesenich

Während im Dornröschen-Dorf  einiges los war, scheint  Mesenich  knapp 4 km moselaufwärts tatsächlich in einen märchenhaften Schlaf gefallen zu sein. Auf der breiten, grünen Uferpromenade ist kein E-Biker oder Wanderer  in Sicht.  Kein Schiff bringt die ruhige Mosel in Aufruhr. Nur hin und wieder fährt gemächlich ein Auto vorbei. Ich bin also (fast) alleine und bewundere mal wieder die Spiegelbilder in der Mosel, die die herbstliche Böschung am gegenüberliegenden Ufer wirft. Diese geballte Ladung Natur pur erinnert mich an Italien. Da gab es auf jedem Roadtrip mindestens einen dieser Momente, in denen ich irgendwo im wunderschönen Nirgendwo gelandet bin. Ein Blick über die Schulter verrät mir, dass diese magische Abgeschiedenheit von Mesenich nur eine Momentaufnahme ist. Auch hier stehen reichlich Straußwirtschaften, Cafés und Restaurants zur Auswahl. Viele davon scheinen Donnerstags einen Ruhetag einzulegen. Quasi die Ruhe vor dem Wochenend-Ansturm. Ich gönne mir noch eine Atempause, bevor es auf den nächsten Streckenabschnitt geht. Nach einem Blick auf die Landkarte  verspricht der Weg bis Bernkastel-Kues recht spannend zu werden.   Bisher hatte die Mosel sich nur durch ihr Tal geschlängelt, ab sofort wird sie waghalsige 180 Grad Kurven schlagen. 

Scharfe Kurven und steile Hänge - Die Fahrt bis nach Bernkastel Kues

Die Klosterruine Stuben bei Brehm ist regelmäßig Spielort des Mosel-Musikfestivals.
Die Klosterruine Stuben bei Brehm ist regelmäßig Spielort des Mosel-Musikfestivals.

Die erste schwindelerrengende Moselschleife erwartet mich bereits nach wenigen Minuten. Bei Bremm windet sich der Fluss  in einem 180 Grad Turn um die Klosterruine Stuben . Die Überbleibsel des ehemaligen Augustiner-Klosters sind übrigens ein Spielort des Mosel-Musikfestivals, das seit über 30 Jahren die Mosel mit hochkarätigen Künstlern zum Klingen bringt.  Über Bremm ragt der steilste Weinberg der ganzen Mosel auf. Der Calmont. Wer schwindelfrei ist, kann dort oben von Ostern bis Mitte Oktober samstags und sonntags in 290 Meter Höhe über der Mosel frühstücken (www.calmontfruehstueck.de) . Nicht weniger beeindruckend ist der Ausblick bei Alf vom Prinzenkopfturm aus. Der 18 Meter hohe Aussichtsturm steht auf dem 235 Meter hohen Prinzenkopf. Nach der Erklimmung von 113 Metallstufen liegt einem die Mosel samt ihrer Windungen zu Füßen. Ich möchte heute nicht ganz so hoch hinaus und steuere  die Marienburg bei Zell an. Von dem ehemaligen Kloster aus sieht man die Mosel doppelt. Sie fließt sowohl rechts als auch  links an mir vorbei, was an dem der 180 Grad Schleife liegt, die der Fluß hier erneut nimmt.  

Auch interessant - die Doppelbrücke bei Alf: Oben fahren Züge, darunter Autos.
Auch interessant - die Doppelbrücke bei Alf: Oben fahren Züge, darunter Autos.
Leider erkennt man die Mosel nur rechts...links fließt sie aber auch.
Leider erkennt man die Mosel nur rechts...links fließt sie aber auch.

Weiter geht es in Richtung Traben-Trarbach. Auch wenn die Stadt mit ihrer charmanten "Belle-Epoque"-Architektur absolut sehenswert ist, habe ich keinen Halt eingeplant. Erst im letzten Winter habe ich einen ganzen Tag hier verbracht, und einige Stunden davon unterirdisch. Warum? Um diese Frage zu beantworten muss ich kurz  ausholen: Um 1900 herum spielte Traben-Trarbach knapp hinter Bordeaux eine der bedeutendsten Rollen in Sachen Weinhandel. Die aktuell hohe Nachfrage nach Riesling-Weinen auf dem amerikanischen Markt ist ein Revival und keine Neuigkeit. Bereits damals fand der Moselwein in Übersee großen Anklang. Um diese großen Mengen zu lagern, wurden die Weinkeller in Traben-Trarbach immer größer und weiter angelegt. In einem Teil der unterirdischen Gewölbe findet alljährlich ein ungewöhnlicher Weihnachtsmarkt statt. Wenn der Euch interessiert, empfehle ich Euch diesen Blogartikel. Es besteht übrigens auch die Möglichkeit außerhalb der Weihnachtssaison in die Mosel-Unterwelt abzutauchen(www.traben-trarbach.de/de/unterwelt). Die Stadt unter der Stadt ist übrigens nicht das einzig Ungewöhnliche in Traben-Trarbach. Direkt am Moselufer steht seit 2009 das einzigartige Buddha-Museum (www.buddha-museum.de). Für mich geht es jedoch noch 2,5 Moselschleifen weiter bis nach Bernkastel-Kues. Dabei treffe ich auf zwei sehr unterschiedliche Sehenswürdigkeiten, die ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen möchte. 

Zum Kloster Machern gehört eine Klosterbrauerei und ein Brauhaus, in dem man das Bier in beeindruckendem Ambiente in Schein von imposanten Art-Deco-Lampen zu sich nehmen kann. Wie man sieht, ist die Außenanlage bei schönem Wetter auch keine schlechte Wahl für eine Pause.

Brauhaus Kloster Machern, An der Zeltinger Brücke, Bernkaste Kues 

Bald ist sie fertig, die Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig, die Eifel und Hunsrück verbinden wird.  Ab 2019 sollen bis zu 25.000 Autos am Tag über die 1,7 km lange und 160 Meter hohe Brücke fahren. Aus Sorge, um die Idylle des Moseltals war das Mega-Projekt von Anfang an umstritten. Ganz von der Hand zu weisen ist dieses Argument natürlich nicht. Ich zumindest habe beim Anblick der Brücke spontane Assoziationen mit einer Giraffe im Kinderzimmer gehabt. 

Guten Appetit! Willkommen in Bernkastel-Kues!

Die schmucken Fassaden an der Promenade von Bernkastel-Kues sehen nach repräsentativem Kleinstadt-Idyll aus. Der volle Parkplatz am Moselufer samt einer beträchtlichen Anzahl an Reisebussen wirkt jedoch wenig idyllisch. Kaum steige ich die Stufen zur Altstadt hinauf stehe ich schon vor einer dieser  Bimmelbähnchen, die auch in Koblenz Touristen durch die Gassen kutschieren. Kein einziger Platz in dem Doppelzug ist mehr frei. Dahinter steht der Burg Landshut Express, ein Oldtimer-Bus, der Besucher hoch zur Burgruine Landshut transportiert. Die steht dort oben schon seit dem 7. Jahrhundert, ist allerdings nicht der eigentliche Grund, aus dem ich dort oben hin möchte.

 

Es ist das Restaurant Burg Landshut (www.burglandshut.de), das mich sowohl aus kulinarischen als auch architektonischen Gründen interessiert. Von hier unten aus sehe ich schon die immense Glasfront des Restaurants, durch die man einen fantastischen Ausblick haben muss. Dahinter versteckt sich, integriert in uraltes Gemäuer, modernes Interieur! Ich mag optische Unstimmigkeiten und diese hätte ich mir nur zu gerne angesehen.  Und vielleicht hätte ich auch etwas von der Karte probiert, die mich sehr angesprochen hat. Ich befinde mich ja auf der Suche nach Lebensart und Esskultur wie ich sie in Italien kennengelernt habe. Ich suche nicht nach Sterneküche, die wurde ja bereits vom Michelin gefunden. Mir geht es um Essen, das glücklich macht und für viele erschwinglich ist.  Auf der Karte des Burgrestaurants habe ich eine Bandbreite von Gerichten gesehen, die kulinarisches Glückspotential aufweisen. Dort kamen Flammkuchen ebenso vor wie ein Risotto mit Jakobsmuscheln oder "sous vide" gegarte Kalbsbäckchen neben  Wiener Schnitzel. Trotz all dieser Verlockungen, hält mich der Trubel ab in den Burg Landshut Express zu steigen. Ich suche erst einmal ein Café, um in Bernkastel-Kues anzukommen. 

Wie wohlhabend einst die Weinhändler in Bernkastel-Kues gewesen sind, davon zeugt die großbürgerliche Fassade des renovierten Peter Meters Stadtpalais, das um 1850 im französischem Stil erbaut wurde.  In der ersten Etage befindet sich das Café K (www.mertes-stadtpalais.de), das für seine delikaten Kuchen und ein elegantes Ambiente bekannt ist. Leider ist kein Sitzplatz mehr auf der Aussichterrasse frei. So geschmackvoll die Innenräume auch eingerichtet sind, mich zieht es heute nach draußen und nun auf den historischen Marktplatz.  Um den Michaelsbrunnen herum reihen sich nicht nur Fachwerkhäuser mit bunten Fassaden, sondern auch eine ganze Menge Touristen. Ich ergattere den letzten Platz in einer italienischen Eisdiele, genauer gesagt in der Eismanufaktur Bressanone (Markt 19), und beobachte den Trubel bei einem Cappuccino. Ich habe freien Blick auf ein schmales windschiefes Häuschen, das vor 2 Jahren seinen 600. Geburtstag gefeiert hat. Im sogenannten Spitzhäuschen befindet sich sogar eine kleine Weinstube. Ein weiteres Gebäude im Gründerzeitstil fällt mir ins Auge. Es ist rosa und hat einen schönen runden Erker. Im Erdgeschoss befindet sich die Konditorei Hansen (www.caféhansen.de), in der Cusanus Kugeln angeboten werden. In süßer Erinnerung an den berühmtesten Sohn der Stadt, Nikolaus Cusanus,  kreierte der Konditormeister diese Praline. 

Schmucke Fassaden und viele Geranien - Ein Spaziergang durch Bernkastel-Kues
Schmucke Fassaden und viele Geranien - Ein Spaziergang durch Bernkastel-Kues

 Das Thema Genuss scheint in Bernkastel-Kues grundsätzlich eine wichtige Rolle zu spielen, wie ich bei einem anschließenden Streifzug durch die Gassen feststelle. Unter fast  jedem Geranienbehangenen Fenstersims stehen Tische und Stühle, an und auf denen man essen und trinken kann. Hauptsächlich Moselwein selbstverständlich. Selbst in dem Schlaraffenland für Süßes zum Lutschen, in der Historischen Bonbonmacherei (www.bonbon-willi.de), gehts nicht ohne den alkohohhaltigen Traubensaft. In den bunten Regalen entdecke ich Sorten wie Prosecco/Pfirsich oder Ingwer/Chili/Rotwein oder Federweißer. Ich entscheide mich für die Spezialität der Bonbonmanufaktur: Weinbergpfirsich. Übrigens: Wer zur richtigenZeit  bei Bonbon Willi vorbeischaut, darf bei der Bonbonproduktion zuschauen. 

Ich suche nochmals die Eismanufaktur Bressanone auf, um mir ein Eis für unterwegs  zu gönnen. Damit laufe ich an die Moselpromenade, an der herrliche Sundowner-Stimmung herrscht. Der Fluss, die Weinberge, die gutbürgerlichen Stadthäuser sind in goldenes Licht getaucht. Ich beobachte wie drei Schiffe der Weißen Flotte ablegen. Die weißen Ausflugsboote verkehren zwischen Cochem, Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues. Für mich waren sie bisher fixer Programmpunkt des etwas angestaubten Moseltourismus: ein Stückchen Torte essen, ein  Kännchen Kaffee und/oder ein Gläschen Riesling trinken, Bötchen fahren und wenn die Zeit noch reicht eine Burg erobern.  Jetzt wo ich sehe wie die Schiffe dem Sonnenuntergang entgegen auf der kurvenreichen Mosel losschippern, wäre ich auch gerne mit von der Partie. Zumal die sonst so vollen Oberdecke fast leer sind. Die meisten Tagestouristen sitzen bereits in ihren Bussen in Richtung Heimat. 

Hier wäre ich gerne mitgefahren!
Hier wäre ich gerne mitgefahren!

Auch für mich gehts weiter,  und zwar noch ein Stückchen moselaufwärts ins Hotel. Die Burg Landshut werde ich mir für den nächsten Mosel-Trip aufheben. Zum Thema "Schön schlafen an der Mosel" kommt übrigens noch ein Extra-Artikel, daher komme ich nun an dieser Stelle direkt zum Abendessen. 

Design meets Landhausküche - Das Ochs in Bernkastel-Kues

Das kleine Restaurant Ochs gehört zum Burgblickhotel (www.burgblickhotel.de) in Bernkastel-Kues. Statt auf angestaubten Mosel-Charme und altbackenes Interieur trifft der Gast hier auf reduziertes Design auf den Zimmern, eine äußerst stylische Weinbar und eben dem Ochs, das im ehemaligen Schlachtraum des Hotels eingerichtet wurde. Nimmt man an den hellen Holzmöbeln im hinteren Bereich des Hotels Platz, erinnern allerlei Utensilien, Fotos und  die weiß gekachelten Wände an die ehemalige Bestimmung der Örtlichkeit. Neben meinem Sitzplatz erstreckt sich ein schwarzes Regal, das bis zur Decke mit Weinen aus der Region gefüllt ist. Ich lese da die Namen des Who is Who der jungen erfolgreichen Moselwinzer. Syrah und Spätburgunder vom Weingut Regnery in Klüsserath oder Frühburgunder von Axel Pauly aus Lieser. Also Spitzen-Weine aus der direkten Nachbarschaft. Regional und handfest liest sich die Karte des Ochs: Riesling-Kräutersüppchen, grobe Landleberpastete mit Pfeffer und Preiselbeeren, Ritas Wurstsalat mit Bratkartoffeln, Entrecote vom Eifelrind oder Geschmorte Ochsenbäckchen. Für mich gibt es heute Abend Tatar vom gebeizten Lachs, gebratenen Zander auf Gräwes, was sich als Kartoffelpürre mit Speck und Sauerkraut herausstellt und ein Glas Grauburgunder. In einem Ofen prasselt ein Feuer und obwohl die wenigen Tische alle voll besetzt sind, kommt so etwas wie heimelige Wohnzimmer-Atmosphäre auf.

Ein idealer Zeitpunkt um ein erstes Mosel-Zwischen-Resümee zu ziehen:

Ich mag die Mosel!  Ihre steilen Hänge, die waghalsigen Kurven, die üppigen Kuchen und der viele  Wein - das hat so etwas herrlich Unvernünftiges an sich, das mich unweigerlich an Italien erinnert. Ebenso wie die Tatsache, dass es in jedem noch so kleinen Dorf zumindest etwas anständiges zu Essen und Trinken gibt.  Touristenmagneten wie Cochem und Bernkastel-Kues erfüllen vielleicht manch ein angestaubtes Moselklischee, zum Ausgleich warten hinter der nächsten Kurve magische Orte mit unberührter Natur und sensationellen Ausblicken. Oder ein ambitionierter Winzer, der Syrah an der Mosel anbaut. Oder ein Restaurant mit hervorragender Landhausküche in einem Design-Hotel. Oder viel gerühmte Spitzengastronomie. Oder ein Buddhamuseum. Oder Jugenstilvillen. Wenn ich eines an diesem Tag an der Mosel gelernt habe, dann dass dieser Fluß für viele Überraschungen gut ist! 

Zu Eurer Information: Mein Mosel-Roadtrip war ein privater Ausflug. Es gab keine Sponsoren, keine Einladungen. Weiter geht die Tour nach Trier und ins unglaubliche Saarburg. Hierzu bald mehr.