Rheinradweg - Von Koblenz nach Mainz ins N´Eis

94 Kilometer Rheinromantik, reichlich viele Burgen, eine sensationelle Quarktasche, unendliches Grün und am Ende ein Eis von N´Eis - so lässt sich meine Radtour auf dem Rheinradweg von Koblenz nach Mainz rasch zusammenfassen. Ob sich mein Strampeln für das vielgelobte gelato der Mainzer Eismanufaktur gelohnt hat? Jeder einzelne Kilometer!

Heute bin ich mit dem Gravelbike unterwegs. Ich will ausprobieren, wie es sich mit gut gefüllten Packtaschen fährt. Immerhin steht bald eine 150 km Tour nach Maastricht an und da möchte ich unterwegs keine bösen Überraschungen mit meinem neuem Low-Budget Gepäckträger erleben. Mein Ziel ist N´Eis in Mainz. Eine Eisdiele, die ich schon länger auf im Auge habe. Mein Arbeitgeber, die Koblenzer Eismanufaktur "eGeLoSIa" taucht häufig in nationalen Best-Of-Ice-Rankings auf. Und genau dort stolpere ich immer wieder über "N`Eis", die mit selbstgemachtem Eis, regionalen Zutaten und viel Liebe zum Produkt überzeugen. Außerdem habe ich den Rheinradweg bisher nur bis Oberwesel erkundet. Es gibt also gleich zwei gute Gründe, mich heute um 8 Uhr auf dem Weg gen Süden zu machen.

 

Auf den ersten 20 Kilometer bis nach Boppard gibt es für mich nicht viel Neues zu sehen. Meine Feierabendstrecke ist zudem bis Spay etwas holprig und eng. Aber der Anblick von Schloss Stolzenfels, der Marksburg und von der Morgensonne aufgescheuchte Nebelschwaden verkünden schon einmal was mich auf den kommenden Kilometern erwartet: die viel beschworene Rheinromantik!

St. Goar - Verstaubte Rheinromantik und Wortspielereien

Ab Spay wird der Rheinradweg komfortabler. Gesäumt vom Fluss und der Bundesstraße B42 verläuft der Weg breit genug, um von der Rheinschönheit abgelenkten Fahrradfahren ein wenig Raum zum Schlenkern zu bieten. Bis St. Goar sind es etwas mehr als 35 Kilometer und circa 5 Burgen am Wegesrand. Ich mache einen kurzen Abstecher in die Fußgängerzone und fahre vorbei an einem Kaffeekannensammelsurium und Wortspielereien, die so rührend verstaubt sind wie St. Goar selbst. Hätte das Eiscafé um diese frühe Stunde bereits geöffnet, hätte ich mir ein "Loreleis" gegönnt - auch wenn mir nicht allzu heiß ist. Stattdessen radele ich weiter zu einer Ikone der Rheinromantik - der Loreley. 

Loreley - Und ewig lockt das Weib?

Goethe, Lord Byron oder Hölderlin - alles Rheinromatinker und glühende Verehrer der einstmals wilden Natur entlang des Flusslaufes. Eine Ikone dieser Bewegung war die Loreley. Für alle die, die Geschichte nicht kennen: Nüchtern betrachtet ist die Loreley ein steiler Felsen an einer felsigen und engen Rheinbiegung. Sagenumwoben ist jedoch das das Mädchen oder die Nixe Lorely, die auf einem Felsen am Rhein saß und dort betörende Lieder singend ihr blondes langes Haar kämmte. Anblick und Gesang sollen manch armen Schiffer so den Kopf verdreht haben, dass er die Felsen außer Acht ließ und Schiffbruch erlitt.  Heute ist es immer noch spannend dabei zuzuschauen wie lange Frachtkähne die enge Kurve mit wagemutigen Driftmanövern um die Loreley nehmen. Das ganze Drumherum samt Campingplatz ist allerdings wenig rheinromantisch, so dass ich schnell Richtung Oberwesel weiterfahre. 

Oberwesel - Es türmt sich!

Auch wenn ich Oberwesel heute Morgen rechts liegen lassen, der Ort ist einen Besuch Wert. Es gibt eine Stadtmauer mit Türmen zu erkunden, die Burg Schönburg und Welterbegärten zu bestaunen. Ich halte erst 7 km weiter in Bachrach.

Barachach - Rheinromantik und Quarktaschen

Zur touristischen Hochsaison mag das Örtchen mit seinen pittoresken Fachwerkhäusern "not the place to be" zu sein. Aber jenseits der Touristenströme und aller Klischees 

ist Bacharach eine kleine Perle am Rhein. Wenn die Burg Stahleck samt Jugendherberge oder das Steingerippe der Ruine Wenerkappelle euch nicht überzeugen kann, dann ist es doch das Backhaus Lüning, das ich jedem hungrigen Rheinradfahrer ans Herz lege.

BY THE WAY TIPP:

Backhaus Lüning

Oberstraße 25

Bacharach

 

Meine Quarktasche war sensationell. Schön buttrig und gut gefüllt habe ich sie mit pittoresker Aussicht auf einer Bank am Rhein verzehrt. Und schlechteren Kaffee habe ich definitiv auch schon getrunken. 

Bis Bingen - Ab an den Rhein

Nach Bacharach erwartet mich eine willkommene Überraschung. Der Radweg verläuft nun direkt am Rhein und die Bundesstraße samt Autos verschwindet aus meinem Blickwinkel. 

Ich lasse Trechtinghausen, Burg Sooneck und Burg Reichenstein hinter mir und komme in Bingen an. Die Durchfahrt ist kein großartiges Erlebnis. Am attraktivsten ist der Blick auf die andere Uferseite. Dort thront erst das Niederwalddenkmal und dann breitet sich Rüdesheim am Rheinufer aus. Bis zu meinem Ziel der N`Eis Filiale am Gartenfeldplatz in Mainz sind es jetzt noch 32 km. Übrigens: Mein Low-Budget Gepäckträger sitzt bis jetzt perfekt und gibt keinen Ton von sich, wenn es über holprige Streckenabschnitte geht.

Von Bingen nach Mainz - Natur pur

Schon bald nach Bingen ändert sich der Untergrund und die Landschaft. Es wird sandig und unfassbar grün. Ich fahre vorbei an weiten Feldern ohne einer einzigen Menschenseele zu begegnen und komme in eine wild romantische Auenlandschaft am Rhein. Ich muss vom offiziellen Radweg abgekommen sein und vermute, dass ich in der Fulder Aue gelandet bin. Die einzigen beiden Passanten, die ich treffe versichern mir, dass ich auf dem besten Weg nach Mainz bin. Der ausgeschilderte Radweg würde nur über langweilige Straßen durch Felder führen. Also folge ich meinem spannenden Weg und freue mich über den Schatten. Mittlerweile bruzzelt die Mai Sonne schon recht kräftig vom Himmel.

Nach einer einsamen Fahrt mit romantischen Ausblicken auf Natur und Fluß komme ich bei Frei-Weinheim wieder auf den offiziellen Radweg. Jetzt hat mein Canyon wieder festen Untergrund unter den Reifen während mir die Sonne unerbittlich auf den Helm knallt. Es kommt mir vor als würde ich Ewigkeiten über nicht endenwollende Wege über Deiche mitten durchs grüne Nichts fahren. Keine Häuser sind in Sicht, keine anderen Radfahrer. Erst finde ich meine Umgebung etwas monoton und hoffe, dass ich bald in Mainz ankomme. Doch dann beginne ich mich auf den gleichbleibenden Rhytmus meiner Tretbewegung zu konzentriere und komme in meinen Flow. Ich fliege quasi wie von selbst durchs Grün und will nie mehr damit aufhören.

Ab Budenheim wird es wieder urbaner. Nach einer Fahrt durch eine riesige Schrebergartenanlage erwartet mich nach all dem Grün und der Ruhe das komplette Kontrastprogramm. Ich bin in Mainz auf der mehrspurigen Straße unterwegs und fahre mitten durch ein viel befahrenes Industriegebiet in Richtung Innenstadt.

Mehr als "nice" das Eis von N´Eis

Endlich! Ich bin da! Auch wenn es heute noch gerne ein paar Kilometer mehr hätten sein können, freue ich mich, als das Logo von N´Eis auf einer Fensterscheibe vor mir auftaucht. Ich habe Lust auf Eis! Das Setting ist perfekt. Auf dem Gartenfeldplatz ist genug Platz, um mein Fahrrad abzustellen, es gibt Sitzplätze und schattenspendende Bäume.

 

Erwartet habe ich eine junge, urbane, nicht übertrieben hippe Eisdiele und meine Erwartungen werden nicht enttäuscht. Die Eisauswahl ist nicht immens, dafür sind einige interessante Sorten in der Theke zu finden. Das Eis wird in Kugeln portioniert, die jeweils 1,80 Euro kosten. Nachhaltige Idee: wer sich für Eis im Becher entscheidet zahlt 0,10 Euro zusätzlich, die später einem guten Umwelt-Sache gespendet werden. 

Ich entscheide mich für zwei Klassiker unter den Fruchtsorbets, Himbeer und Mango in der Waffel. Farblich sind beide Sorten ein echter Hingucker. Geschmacklich hält das Eis, was es optisch verspricht. Es ist als würde ich pure Himbeeren naschen und in eine perfekt reife Mango beißen. Beide Sorten schmecken völlig natürlich und sind für Fruchtsorbets herrlich cremig. Wie jedes Eis ohne Zusatzstoffe schmelzen die Kugeln von N´Eis etwas zügiger. Was kein Problem ist, weil es nicht lange dauert bis ich bei der leckeren, nicht zu süßen Waffeltüte ankomme. 1,80 Euro je Kugel sind bei der Größe und der Qualität übrigens ein absolut angemessener Preis. 

 

Kurzum: Jeder gestrampelte Kilometer von Koblenz nach Mainz hat sich für mich gelohnt. Das Eis von N´Eis ist handwerklich wirklich top und in dieser Qualität nicht überall zu finden. Egal mit welchem Fortbewegungsmittel ihr in Mainz unterwegs seid, für Eisfans lohnt sich ein Abstecher zu N´Eis.

 

Der schönste Teil  des Rheinradwegs liegt auf diesem Abschnitt definitv zwischen Bingen und Mainz. Was hauptsächlich an der Abwesenheit von vorbeirauschenden Autos und unerwartetet viel Grün liegt.