Ein Ausflug und eine Frage: Wie romantisch ist der Rhein im Winter?

Schon lange bevor das Obere Mittelrheintal im Jahr 2002 von der UNESCO auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt wurde, war der Rheinabschnitt zwischen Koblenz und Bingen über die Grenzen der Region für seine Schönheit bekannt. Bereits vor 200 Jahren galt das Rheintal als Sehnsuchtsort und Muse von Dichtern, Malern und Komponisten. Heinrich Heine verfiel ebenso wie Clemens Brentano wortreich in Rhein-Schwärmereien. Robert Schumann ließ sich von der Landschaft zu Kompositionen inspirieren und der englische Maler William Turner brachte seine Begeisterung auf vielen Leinwänden zum Ausdruck.

 

All diese Vertreter der Romantik liebten die wilde Schönheit der Gegend, die wagemutigen Kurven, die steilen Felsen und trutzigen Burgen. Zu dieser Zeit war das Mittelalter samt seiner Heldensagen und Ritterlegenden ziemlich en vogue! Besonders Engländer fanden großen Gefallen an der wilden Natur und den Burgruinen. Bei ihnen zu Hause war gerade die Industrialisierung mit all ihren unschönen Begleiterscheinungen im Gange. Hier im Rheintal konnten sie sich im Reich der Märchen und Sagen verlieren. 

 

Bald schon folgten Touristen den Lobpreisungen der Lyriker und Komponisten. Auf Schiffen erkundeten sie das Rheintal, bestaunten die Burgen und hohen Weinberge. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. In der Hauptsaison starten von Koblenz aus tagtäglich Touristenschiffe in Richtung Bingen. Nur im Winter legen sie nicht ab. Aber warum? Liegt es an den nordeuropäischen Wetterbedingungen? Oder ist der Rhein im Winter einfach zu unromantisch? Dieser Frage bin ich heute auf einer Landpartie von Koblenz nach Bacharach nachgegangen.

Boppard - Stille Gassen und Kunst in der Kurfürstlichen Burg

Auf diesem Hügel bei Boppard wartet der Vierseenblick auf Euch
Auf diesem Hügel bei Boppard wartet der Vierseenblick auf Euch

Bei Boppard macht der Rhein seine größte Schleife, die man am Besten vom Vierseenblick aus bewundert. Der aufregendste Weg zu dem 270 m hohen Aussichtspunkt ist eine Fahrt mit der Sesselbahn Boppard. Die Seilbahn fährt allerdings nur von Anfang April bis Ende Oktober. Statt romantischer Ausblicke begnüge ich mich also heute mit romantischen Einblicken in die Altstadt. Der beliebte Weinort ist wie leergefegt. Auf der Uferpromenade, auf der sich ein Ausflugslokal an das nächste reiht, bin ich fast alleine unterwegs. Ähnlich einsam geht es kurz darauf im Museum Boppard zu.  Es residiert in der ehemaligen Kurfürstlichen Burg, die noch bis 23. Dezember die äußerst sehenswerte Ausstellung Flux4Art beherbergt. Ich finde es aufregend, ganz alleine durch die Winkel und Ecken der Burg zu streifen. Auf jeder Etage bieten sich neue unverhoffte Ausblicke auf den Rhein. 

Eine Rheinreise: erster Halt in Boppard!
Ein Blick in die Altstadt-Gassen von Boppard.
Das Museum Boppard in der ehemaligen Kurfürstlichen Burg
Tolle Ausblicke und tolle Kunst im Museum Boppard

Sehr viele Burgen, Weinberge und die Lorely

Schroff und steil - die Weinberge am Rhein
Schroff und steil - die Weinberge am Rhein

Von Boppard geht die Fahrt weiter in Richtung St. Goar. Auf dem Weg begleiten mich strahlender Sonnenschein, steile Weinberge, aus denen der Fels hervorbricht und Burgen!  

Die feindlichen Brüder...Burg Sterrenberg und Burg Liebesstein
Die feindlichen Brüder...Burg Sterrenberg und Burg Liebesstein

Auf der rechten Rheinseite über Kamp-Bornhofen thronen zwei Burgen ungewöhnlich nah beieinander. Die historischen Gemäuer verdanken einer Sage den Spitznamen "feindliche Brüder". Die Brüder Heinrich und Karl sollten sich so nahe gestanden haben, dass ihr Vater gleich zwei Burgen erbauen ließ. Im Laufe ihres Lebens kam es zu Zwietracht zwischen den Brüdern und fast zu einem Duell. Es musste erst eine Ehefrau ins Kloster eintreten, damit die beiden Frieden schlossen und glücklich bis an ihr Lebensende lebten. Wie dem auch immer gewesen sein mag, die Burg Sterrenberg (links) ist auf jeden Fall eine der ältesten erhaltenen Burganlagen im Oberen Mittelrheintal. In einem Nebengebäude kann man in Kemenaten nächtigen und in einem Restaurant speisen. In die Burg Liebenstein (rechts) ist eine Hotel- und ein Restaurant eingezogen. 

Burg Katz über St. Goarshausen
Burg Katz über St. Goarshausen

In St.Goar habe ich gleich drei Burgen aufeinmal im Blick. Auf der gegenüberliegenden Flussseite krallt sich die Burg Katz über St. Goarshausen in den Fels. Leider kann man ihre hübschen Türme nicht mehr besichtigen. Seit 1989 befindet sich die Burg im Privatbesitz eines Japaners. Burg Maus, die ein Stückchen den Rhein abwärts liegt, darf in der Hauptsaison zu bestimmten Terminen besucht werden. In der mächtigen Burg Rheinfels in St. Goar werden in der Saison regelmäßig offene Führungen angeboten. Als Kind bin ich stundenlang auf eigene Faust durch die Ruinen gestreift. Anschließend ging es dann zum Sonntagsessen ins Burgrestaurant. Kulinarische Ausflüge zur Burg Rheinfels sind auch heute noch möglich. Ein Vier Sterne Superior Hotel samt Restaurant, Burgschänke und Kneipe residiert hoch über dem Rhein. 

Imposant groß - Burg Rheinfels in St. Goar
Imposant groß - Burg Rheinfels in St. Goar
Clemens Brentano und Heinrich Heine werden den Loreley-Fels wohl ohne Wohnmobile erblickt haben.
Clemens Brentano und Heinrich Heine werden den Loreley-Fels wohl ohne Wohnmobile erblickt haben.

Da ist er der schroffe Schieferfelsen, der Clemens Brentano zu seinem berühmten Märchen von der schönen und verführerisch singenden Loreley inspiriert hat. Musik ist von dort oben immer noch zu hören, wenn Konzerte auf der Freilichtbühne Loreley stattfinden. Die Loreley-Skulptur sucht man übrigens auf dem Felsen vergebens. Sie räkelt sich einige Meter weiter Rhein abwärts direkt am Flussufer. 

Oberwesel - Auf der Mauer, auf der Mauer...

Die Fachwerkhäuser von Oberwesel sind wunderschön.
Die Fachwerkhäuser von Oberwesel sind wunderschön.

Es ist das erste Mal, dass ich in Oberwesel unterwegs bin. Und zwar fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. So habe ich die begehbare mittelalterliche Stadtmauer ganz für mich alleine und reichlich Spaß dabei. Auf der einen Seite begleiten alte Fachwerkfassaden mich. Auf der anderen Seite verläuft die Eisenbahntrasse und der Rhein. Allein diese Stadtmauer ist einen Rhein-Ausflug wert. Es geht über Brücken, durch Tore und hinauf auf Türme. Immer wieder bieten sich mir tolle Ausblicke auf die Schönburg, in der ein Hotel und Restaurant residiert. Dort oben gibt außerdem ein Turmmuseum, dass allerdings im Winter geschlossen ist. Ich bin nicht traurig drum. Zu meinem Glück taucht die sinkende Wintersonne Oberwesel und seine Altstadt in ein güldenes Licht. 

Also, wenn das nicht romantisch ist...
Also, wenn das nicht romantisch ist...
Schönburg in Oberwesel
Schönburg in Oberwesel
Tolles Ausflugsziel: Die begehbare Stadtmauer in Oberwesel
Tolles Ausflugsziel: Die begehbare Stadtmauer in Oberwesel

Bacharach - Verschlafene Mittelalter-Romantik

Mein Winter-Ausflug führt weiter nach Bacharach und vorbei an einem ungewöhnlichen Bauwerk, der Burg Pfalzgrafenstein. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts steht die kleine Burg mitten im Rhein auf einem Felsen. Das momentane Niedrigwasser hat aus dem Felsen eine Insel werden lassen. Burg Pfalzgrafenstein wirkt darauf wie ein gestrandeter Kahn aus Stein. Außer im Dezember und Januar ist das kuriose Bauwerk übrigens zu besichtigen. 

Beste Lage für eine Jugendherberge: Burg Stahleck in Bacharach.
Beste Lage für eine Jugendherberge: Burg Stahleck in Bacharach.

"Ich befinde mich im Augenblick in einer der schönsten, angenehmsten und unbekanntesten alten Städte der Welt", schrieb Victor Hugo in einem Buch über seine Rheinreise im Jahr 1840 und meinte damit Bacharach. Als ich heute in dem Städtchen ankomme, scheint es fast so als hätten die Worte des französischen Autoren noch heute Gültigkeit. Die engen Gassen sind wie leergefegt. Die windschiefen Fachwerkhäuser sind alt und wunderschön. 

 

Ich fahre hinauf zu Burg Stahleck, in die eine Jugendherberge eingezogen ist. Bei wärmeren Wetter macht es bestimmt Spaß, auf der Aussichtsterrasse einen Kaffee zu trinken. Ich begnüge mich heute mich der Aussicht. 

Ausblick von Burg Stahleck auf den Rhein!
Ausblick von Burg Stahleck auf den Rhein!
Das wildromantische Wahrzeichen von Bacharach: Die Wernerkapelle.
Das wildromantische Wahrzeichen von Bacharach: Die Wernerkapelle.

Wildromantischer geht es nicht! Die Ruine der Wernerkapelle ist das Wahrzeichen von Bacharach. Erbaut wurde die Kirche im 13. Jahrhundert im gotischen Stil. 400 Jahre später geriet die Kapelle zwischen die Fronten eines Erbfolgekrieges und wurde teilweise zerstört. Im Laufe der Zeit verfiel das Gebäude immer mehr. Nach einigen Renovierungsarbeiten blieb zumindest ein steinernes Skelett ohne Dach, das die Fantasien von Romantikern noch heute  befeuert. 

Dolce Vita habe ich in Bacharach übrigens auch gefunden: eine Pizzeria in einem liebreizenden Fachwerkhaus, die im Winter (selbstverständlich ...) geschlossen ist. 

Mein Fazit: Wie romantisch ist der Rhein im Winter?

Sehr romantisch! Ich wage sogar zu behaupten, dass er in der Nebensaison romantischer ist als im Sommer, wenn das Tal angefüllt ist mit Besuchern aus der halben Welt. Im Winter kommt man dem Rheintal, wie es Victor Hugo bewundert hat, wohl am nächsten: versteckt vor der Welt, wildromantisch und wunderschön! 

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